Erfahrungsberich #01 – Dagmar Esser

Über meine Jungs …

Vor drei Jahren lernte ich im Weltladen, in dem ich ehrenamtlich arbeite, einen jungen Flüchtling, Germen, kennen. Germen war aus Eritrea geflohen und versuchte nun, wie viele andere hier Fuß zu fassen. Er wurde unter meine „Fittiche“ gestellt. Es begann eine Zeit des Herantastens, des Kennenlernens. Ich begann ihm Deutschunterricht zu erteilen. Er war lernbegierig und neugierig.

Ich lernte Freunde von ihm kennen, die auch gerne bei mir lernen wollten. So begann meine persönliche Hilfe für Flüchtlinge, die inzwischen den Großteil meines Lebens ausmacht. Germen und sein Freund Tesfit waren mir besonders ans Herz gewachsen. Wir unternahmen viel zusammen, auch außerhalb der Deutschstunden. Wir freundeten uns an, und sie sahen in mir immer mehr ihre „Deutsche Mama“.

Ich integrierte sie in meine Familie. Wir feierten Geburtstage zusammen. Sie gehörten dazu. Es waren meine Jungs. Deshalb war es bis zur Patenschaft nur noch ein kurzer Schritt. Wir beschlossen also unsere V-erbin.dung,,offi:Z-iell“ zu machen und iGh beantragte die Patenschaft für die eeiden. Nun waren sie offiziell „meine Jungs“. Inzwischen sind 3 Jahre ins Land gegangen und wir haben eine Menge zusammen unternommen und durchgemacht. Die vielen Versuche von ihnen eine Wohnung zu finden scheiterten regelmäßig.

Also mietete ich eine Wohnung für sie, damit sie aus ihrem Container herauskamen.
Die unschönen Erfahrungen, die ich dabei mit dem Jobcenter machte, gehörten leider dazu.
Wir schafften gemeinsam den B1 und versuchten uns auch am B2. Den haben sie allerdings nicht bestanden.
Es folgten kleine Praktika, und die Suche nach einer Ausbildung. Ich schaffte es, mich in 3 Handwerker Innungen „bekannt zu machen“, indem ich, nach entsprechender Vorarbeit, die Sozialpädagoginnen der Schreinerinnung, der KFZ Innung und der Anlagebauer kennen zu lernen. Ich schaffte es, Germen eine Lehrstelle als Tischler in der Innung zu verschaffen. Er war willig und bemühte sich, mitzuhalten.

 

Trotz großer, auch moralischer Unterstützung der Sozialpädagogin und mir, teilte uns Germen nach 2 Monaten mit, die lehre zu beenden.
Natürlich war das sehr enttäuschend. Es spielten viele Gründe mit. Unter anderem auch der ständige Kampf mit dem Jobcenter um irgendwelche Papiere. Aber die Anforderungen waren auch hoch. Inzwischen hat Germen einen guten Job in einem Zulieferer Lager für AirBus gefunden und ist dort glücklich. Er ist aus dem Jobcenter raus und verdient sein eigenes Geld.
In der Zwischenzeit hat Tesfit an einer wunderbaren Maßnahme für Flüchtlinge teilgenommen: Hin zum Handwerk. Sie wird von der Innung Anlagebau/ Sanitär geleitet. Ich finde diese Maßnahme sehr gut weil nur für Flüchtlinge. Sie wird super betreut von Frau Dreesen, der Sozialpädagogin, die sich rührend um die Jungs kümmert.

Sie dauert ein halbes Jahr und endet damit, dass alle einen Ausbildungsplatz bekommen können. Auch Tesfit hat das mitgemacht. Als es jedoch zum Ausbildungsvertrag ging, teilte er uns plötzlich mit, dass er doch lieber keinen Handwerksberuf machen möchte, sondern wie sein Freund Germen lieber arbeiten und Geld verdienen will. Das war natürlich erst einmal sehr enttäuschend. Jetzt schlägt er sich wieder mit dem Jobcenter herum, wegen irgendwelcher Modelle, die ihm zusätzliches Geld versprechen.

 

Ich hatte also beide Jungs in Arbeit gebracht und war glücklich. Doch dann kam die Wende.

 

Also mein Fazit:
Entweder eine 3 jährige Ausbildung, viel lernen, wenig Geld –
gegen eine Arbeit als ungelernter Arbeiter, aber dafür finanziell unabhängig.
Wir haben nach wie vor engen Kontakt. Ich werde auch weiterhin für sie da sein.
Nur beruflich müssen sie sich jetzt selber helfen. Da habe ich alles getan, was möglich ist.
Sie sind gute Jungs und werden ihren Weg hier finden.

Dagmar Esser

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